Austauschfahrt nach Colmar 2023 oder: In einer Woche ins Paradies der Störche und wieder zurück.

Es folgt ein Bericht über unsere Herzschlag-Klassenfahrt in eine der schönsten Regionen Frankreichs. Es handelt von neuen Freundschaften, deutschsprechenden Franzosen, ganz viel Theater, ebenso viel Spaß und ein bisschen Heimweh. Die Klassenfahrt fand vom 9. bis zum 16. Mai 2023 statt und es nahmen die Französischkinder der 4., 5. und 6. Klassen unserer ALGS teil – das Ganze unter der Leitung von Frau Kalcklösch und Herrn von Hammerstein. Der Austausch wurde gefördert vom Deutsch-Französischen Jugendwerk und erfolgte in Kooperation mit „Thealingua“ – der Organisation von deutsch-französischen Theaterpädagog*innen.

Tag 1: Am Berliner Südkreuz gelang es den 30 Teilnehmenden mitsamt Gepäck um 7:30h auf zwei Türen verteilt in den bekannterweise kurzhaltenden ICE zu hüpfen. Eltern gewunken, Tränen verdrückt, freudige Aufregung im Bauch – die Begleitenden atmeten das erste Mal tief durch. Es ging erst nach Basel, dann weiter nach Colmar, wo wir am malerischen Bahnhof von einer Schar Kinder in Empfang genommen wurden. Die Berliner gingen sogleich mit ihren Corres‘ (Austauschschülis) in die jeweiligen Familien.

Tag 2: Am nächsten Morgen traf man sich um 8h am „Institut de l’Assomption“. Unsere (private) Austauschschule umfasst „Maternelle“ (Vorschule), „Primaire“ (Grundschule) und „Collège“ (Sek 1) und ist mit 1200 Schüler*innen etwa 3x so groß wie unsere beschauliche ALGS. Auf dem weitläufigen Hof wurden die wenigen Fälle von abendlichen Heimwehattacken besprochen, aber auch Bewunderung über so manch vortreffliche Logis ausgedrückt (Berliner Kinder haben ja schon alles gesehen, sind sich aber nie zu schade, um Großartiges beim Namen zu nennen). Nach ersten Proben mit den Thealinguisten am Vormittag ging es am Nachmittag zu Fuß zum touristischen Bummelzug von Colmar. Dieser führte uns durch dieses „Venedig Frankreichs“ mit seinen bunten Fachwerkhäuschen, befahrbaren Bächen und verwunschenen Gässchen… einfach zum Niederknien. Und tatsächlich: alle Nase lang flatterten und klapperten hier Störche in der Gegen herum – nicht umsonst das Wahrzeichen der Region. Zum Abschluss ging es ins Spielzeugmuseum, wo nicht nur historische und rare Spielzeuge bewundert, sondern auch ausgiebig gespielt werden konnte.

Tag 3: Der Besuch des von preußischer Megalomanie strotzenden Schlosses Hohkönigsburg (Chateau du Haut-Königsburg) bot einen weitestgehend entspannenden Ausflug ins Grüne. Die mittelalterliche Burgruine wurde von Kaiser Wilhelm II. Anfang des 20. Jahrhunderts renoviert und zum Erlebnis-Museum bzw. Statussymbol der Deutschen im Elsass umfunktioniert. Leider traf uns in die Idylle hinein die Nachricht, dass im fernen und doch so nahen Deutschland die EVG einen Streik für den Tag unserer Rückreise nach Berlin plante. Die Kinder jedoch ließen sich von den zunehmend seltsam wirkenden Lehrern den Ausblick auf das traumhafte Vogesen-Panorama zum Glück nicht nehmen.

Tag 4: Während am Freitag die Kinder (wie jeden Tag) mit den Theaterpädagog*innen ihre selbst erarbeiteten Stücke für den Abend der Aufführung einprobten, charterte die Lehrer-Delegation in Zusammenarbeit mit Mme Hockard (der großartigen Buchhalterin der Schule!) auf Hochtouren ein Busunternehmen, das die Alt-Lanwitzer wieder sicher nach Berlin zurückbringen würde. Als am Abend die französischen Eltern das deutsch-französische Spektakel auf der Bühne betrachten durften, blieb schon wieder kein Auge trocken. Die innerhalb von drei Tagen aufkeimende Freundschaft zwischen den Kindern war auf den Theater-Brettern manifest geworden. Ein Anblick, der jeden Stress vergessen ließ!

Wochenende: Während die Kinder auf Ausflügen die unterschiedlichsten Freizeitangebote der Region genossen, traf am Samstag die Nachricht ein, dass sich Bahn und EVG nun doch einig wurden. Tatsächlich konnte, mit Hilfe der freundlichen Unterstützung unserer französischen Ansprechpartner*innen, die gecharterte Busfahrt wieder storniert werden. Dennoch blieb ein letzter Rest von Ungewissheit über die nächsten Tage, ob denn die Züge wirklich fahren würden – zum Glück blieb die Sorge unbegründet.

Tag 7: Der Ausflug nach Straßburg stellte einen krönenden Abschluss dar, bei dem die imposante Kathedrale (lange Zeit das höchste Gebäude Europas), die Prachtbauten von Neustadt, das Europaparlament sowie der französische Hauptsitz des deutsch-französischen Senders Arte zum Teil aus dem Bötchen heraus (auch Straßburg hat viele Flüsse) bestaunt werden konnte. Außerdem durften die Kinder gemeinsam mit ihren jeweiligen Corres‘ die Stadt während der Mittagspause auf eigene Faust erkunden: „Quartier libre!“ Ein gewisses Heimweh stellte sich am Ende des Tages dann doch ein (in Straßburg kleben erstaunlicherweise viele „Hertha“-Aufkleber in den Straßen) und so skandierten die Fußball-affinen unter den Kindern auf dem Weg zum Bus lauthals „Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin!“. Es war ihnen gegönnt.

Tag 8: Es hieß Abschied nehmen und auch die letzten Sprechchöre verstummten, als sich die Kinder beider Länder am Colmarer Bahnhof „auf Wiedersehen“ und „au revoir“ sagten. Der Regen tropfte vom grauen Himmel herunter und als der Zug schließlich abfuhr rannten noch einige Kinder winkend hinterher. Eine echte Herzschlag-Klassenfahrt eben.

Das Deutsch-Französische Jugendwerk (DFJW) ist eine internationale Organisation für die deutsch-französische Zusammenarbeit. Seit 1963 hat das DFJW fast 9,5 Millionen jungen Menschen die Teilnahme an über 382.000 Austauschprogrammen ermöglicht.